Chance und Herausforderung: Künstliche Intelligenz in der Schule und ihre Auswirkung auf Bildung

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Seit ChatGPT im November 2022 an den Start ging, ist Künstliche Intelligenz (KI) in alle Bereiche des öffentlichen Bewusstseins gerückt. Die Verunsicherung in Schulen und Hochschulen ist groß. Die Forderungen nach angemessenen Vorschriften und Schulungen für den Einsatz generativer Künstlicher Intelligenz in der Bildung werden lauter. Auf der anderen Seite zeigen Wissenschaftler*innen auf, welche Chancen die sogenannten Sprachmodelle für die Bildung bieten. Dieser Artikel beleuchtet die Möglichkeiten, die KI-basierte Werkzeuge in Schulen bieten können, welche Probleme und Vorurteile ihnen gegenüberstehen und was zur Regulierung noch getan werden müsste.

Die stetige Weiterentwicklung von KI-gesteuerten Sprachmodellen, vorangetrieben durch die weltweit wachsende Nutzung solcher Tools, ist nicht mehr aufzuhalten. KI wird immer besser. Das beweist auch das Experiment des Bayerischen Rundfunks, bei dem der Künstlichen Intelligenz Abitur-Prüfungen vorgelegt wurden.

ChatGPT besteht das Abitur inzwischen souverän

Lag beim Abi 2022 der Notendurchschnitt noch bei 4,2 durchgeführt mit der ChatGPT-Version 3.5, so schnitt ChatGPT 4 beim Abi 2023 mit einem Durchschnitt von 2 deutlich besser ab. Es zeichnet sich ab, dass KI-Technologie bald perfekte schulische Leistungsbewertungen erreichen könnte.

Doch wie können Lernende mithilfe von KI zu besseren Noten gelangen und das Lehrpersonal entlastet werden?

Schüler*innen gehörten zu den ersten Nutzern und Nutzerinnen, die KI für sich smart einzusetzen gelernt haben. Der große Vorteil gegenüber den bisherigen Instrumenten, die den Lernenden zur Verfügung standen, ist die Möglichkeit eines personalisierten Einsatzes. Individuelle Schwächen können erkannt und darauf eingegangen werden. Stärken werden gefördert. Das Lehrstuhl-Team der Professorin Enkelejda Kasneci von der Technischen Universität München hat beispielsweise ein Tool entwickelt, das auf Basis von großen Sprachmodellen einen Aufsatz analysieren und Feedback geben kann.
Die Sorge, dass durch die Nutzung von ChatGPT und Co. das Erlernen von Sprache verkümmern könnte, teilt Kasneci nicht:

„Im Gegenteil, solche Anwendungen können das Sprachverständnis fördern. Aber auch in anderen Fächern können sie hilfreich sein. Sie können beispielsweise Fragen zu einem bestimmten Thema kreieren. Jugendliche könnten sie also zu Hause als Lernbuddy für eine Prüfung nutzen, der auf diejenigen Punkte besonders eingeht, die sie noch nicht so gut beherrschen. Diesen Grad an Individualisierung können die Schulen im Alltag bislang kaum leisten.“

KI-Ergebnis immer überprüfen

Trotz der vielversprechenden Entwicklungen dürfen wir uns dennoch nicht blind auf die KI verlassen. Gelegentlich liefern Modelle fehlerhafte oder „halluzinierte“ Inhalte. Sie erfinden etwas dazu, was plausibel klingt, aber nicht stimmt. Eine zuverlässige Software, die erkennt, ob ein Text KI-generiert ist oder nicht, gibt es noch nicht. Deswegen ist immer noch der gesunde Menschenverstand gefragt, der sich kritisch mit dem Ergebnis aus einem KI-Modell auseinandersetzt.

Den reflektierten Umgang schulen

Die Fähigkeit, KI-Outputs zu reflektieren und zu überprüfen, muss ein fester Bestandteil der digitalen Bildung werden. Deswegen ist es wichtig, dass Lehrende geschult werden, um Schüler*innen den kritischen Umgang mit diesen Tools beibringen zu können. Dazu müssten Lehrer*innen im ersten Schritt solche Tools kennenlernen und ausprobieren.

Leitfaden für Lehrpersonal

Dafür hat zum Beispiel OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT, einen Leitfaden für Lehrkräfte herausgebracht. Darin werden Berichte von Lehrenden geteilt, die bereits ChatGPT nutzen, um das Lernen von Schüler*innen effizienter zu gestalten. Zudem werden darin Anleitungen gegeben, die den Einstieg in das Tool erleichtern sollen.

Entlastung der Lehrenden durch KI

In welchen Bereichen sich Lehrende Entlastungen durch KI wünschen, hat Fobizz, einem Anbieter von datenschutzkonformer KI für Lehrkräfte und Schulen, herausgefunden:

  • Bei Korrekturen
  • Beim Differenzieren von Texten für unterschiedliche Niveaus
  • Vorschläge für die Unterrichtsplanung (Arbeitsblätter, Aufgaben)

Neben privaten Unternehmen wie Fobizz gibt es auch Bundesländer wie Sachsen-Anhalt, das eine flächendeckende datenschutzkonforme Schnittstelle über den eigenen Bildungsserver anbietet.
In der Unterrichtsvorbereitung kann generative KI den Part übernehmen, in kurzer Zeit möglichst viele Ideen zu sammeln, auf die ein Mensch nicht so schnell gekommen wäre.

Rollentausch mit der KI

Ethan Mollick, Professor an der Warthon Business School in Pennsylvania gibt in einem Blogbeitrag den Tipp, der KI statt der Rolle der Lehrenden/der Allwissenden die Position der Lernenden zu geben. Die Schüler*innen schlüpfen dann in die Rolle der Lehrkraft, die der KI Fragen stellt, sie kritisiert und verbessert. Die Arbeit einer anderen Person zu beurteilen und zu bewerten und ihr etwas zu erklären, verbessert und vertieft auch das eigene Wissen über ein Thema. Deswegen könnte diese Art der Nutzung von KI-Modellen den Lerneffekt im Unterricht steigern.

Fazit

Mit Blick auf die Innovationskraft und die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten Künstlicher Intelligenz im Bildungssektor wird deutlich: KI hat das Potenzial, das Bildungswesen nachhaltig zu verändern. Der Prozess hat schon längst begonnen und ist nicht mehr aufzuhalten. Bei angemessener Implementierung und einem sachkundigen Umgang mit KI kann sie dazu beitragen, den Lernerfolg zu erhöhen und die Lehrkräfte zu entlasten.
So kann Raum für die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten geschaffen werden, die in der heutigen und zukünftigen Welt bedeutend sind und immer wichtiger werden wie das Kontextwissen, kritische Denken und die Einschätzung von Informationen.

Titelbild: shutterstock/NicoElNino

Autor

Ellen Jöckel

„Die Voraussetzung für Wissen ist die Neugier.“ (Jaques-Yves Cousteau) Ich liebe es, mich in Themen reinzuarbeiten, sie zu verstehen und dann darüber zu schreiben. Deswegen ist das Euro Akademie Magazin mit seinen Themenwelten aus unterschiedlichen Bildungsbereichen die ideale Plattform, um mich journalistisch „austoben“ zu können.