Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) startet Anfang des kommenden Jahres das Forschungsprojekt „PRIMA“, das Hausarztpraxen bei der Versorgung chronisch kranker Patient*innen entlasten soll. Das Projekt wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gefördert und sieht die Integration von Pflegefachkräften in den Praxisalltag vor.
Entlastung und Professionalisierung der hausärztlichen Versorgung
Im Rahmen von PRIMA sollen zunächst 20 Hausarztpraxen in Baden-Württemberg beteiligt werden. Ziel ist es, durch den Einsatz von Pflegefachkräften die Praxisteams zu unterstützen und die Versorgung chronisch kranker Patient*innen zu verbessern. Dabei bleibt die Übernahme genuin ärztlicher Aufgaben ausgeschlossen, vielmehr sollen die Pflegefachkräfte das Leistungsspektrum um pflegerische Aufgaben erweitern und hier ärztliches Fachpersonal entlasten.
Dass ein Umdenken vor allem in der ländlichen Gesundheitsversorgung notwendig ist, wird mit Blick auf schwindende Arztpraxen und fehlende Fachkräfte immer deutlicher. In den Jahren 2012 bis 2022 gab es deutschlandweit einen Rückgang an Arztpraxen im ländlichen Raum von 7,6 Prozent, bei niedergelassener Ärzt*innen insgesamt sieht es mit einem Rückgang von 13 Prozent noch dramatischer aus. Der Demografische Wandel in der Bevölkerung sorgt zusätzlich dafür, dass auf der einen Seite immer mehr Ärzt*innen in den Ruhestand gehen, aber auf der anderen Seite es immer mehr ältere Menschen gibt, die eine ärztliche und pflegerische Versorgung benötigen.
Karsten Braun, Vorstandsvorsitzender der KVBW, betont auf ärzteblatt.de: „Wir begrüßen es sehr, dass durch dieses Projekt Möglichkeiten untersucht werden, wie Hausarztpraxen und die Praxisteams entlastet werden können.“ Diese Entlastung ermöglicht es den Ärztinnen und Ärzten, sich verstärkt auf ihre originären Tätigkeiten zu konzentrieren.

Entwicklung zu multiprofessionellen Primärversorgungszentren
Die Einbindung der Pflegefachkräfte soll langfristig neue Strukturen und Prozesse schaffen, sodass sich die teilnehmenden Praxen zu sogenannten multiprofessionellen Primärversorgungszentren entwickeln. Primärversorgungszentren (PVZ) bündeln verschiedene medizinische und soziale Dienste unter einem Dach und bieten eine wohnortnahe Versorgung durch Teams mit unterschiedlichen Fachkenntnissen.
Finanzielle Förderung und klare Teilnahmebedingungen
Das Projekt finanziert von Mitte 2025 bis Mitte 2027 sowohl die Gehälter der Pflegefachkräfte als auch eine zusätzliche Quartalspauschale für die Praxen. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Betreuung von mindestens 112 chronisch kranken Patient*innen, die während der Laufzeit intensiv von der Pflegefachkraft begleitet werden. Auch Praxen, die bereits Pflegefachpersonal beschäftigen, können sich noch bis zum 2. Dezember bewerben.
Breite Zusammenarbeit und wissenschaftliche Begleitung
Die Projektleitung liegt bei der KVBW, unterstützt durch Konsortialpartner wie das Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung am Universitätsklinikum Tübingen, die Technische Universität München und das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung. Zu den weiteren Projektpartnern zählen die AOK Baden-Württemberg und das IGES Institut.
Ein Modell mit Signalwirkung?
PRIMA könnte ein wegweisendes Modell für die hausärztliche Versorgung in Deutschland werden. Die Integration von Pflegefachkräften in den Praxisalltag entlastet nicht nur das medizinische Fachpersonal, sondern stärkt auch die individuelle Betreuung von Patient*innen. Durch die umfassende wissenschaftliche Begleitung und Förderung ist das Projekt ein vielversprechender Ansatz, um auf die wachsenden Herausforderungen im Gesundheitssystem zu reagieren. Auch die im November 2024 endgültig verabschiedete Krankenhausreform von Gesundheitsminister Lauterbach soll das Gesundheitssystem mittel- und langfristig festigen und stärken.
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