Bereits im Berufskolleg hatte ich mich dafür entschieden, mein Anerkennungsjahr im Ausland zu verbringen. Die Entscheidung, nach Paris zu gehen, traf ich im Unterkurs. Im Februar 2018 bewarb ich mich dann bei verschiedenen Einrichtungen und wurde bei der AJEFA („L’association des parents d’élèves de Jardins d’Enfants Franco-Allemands“) genommen. Beim Probearbeiten bemerkte ich sehr schnell die Unterschiede zwischen den Einrichtungen, die ich bisher aus Deutschland kannte, und der AJEFA in Paris. Da es unmöglich war, in der Großstadt ein Gebäude für 120 Kinder zu finden, sind die fünf Gruppen der AJEFA auf vier verschiedene Gebäude in Paris verteilt.
Nach Paris soll´s gehen
Schon vor Beginn des Anerkennungsjahres bekam ich viel Unterstützung von Seiten des Leitungsteams. Auch beim Abschließen der Versicherungen oder der Einrichtung des Bankkontos war immer ein Erzieher oder eine Erzieherin aus dem Leitungsteam dabei, um zu helfen.
Gespielt wird im Park
Im Alltag unterscheidet sich der Kindergarten wenig von den Kindergärten in Deutschland, die ich bisher erlebt habe. Dies liegt vermutlich auch daran, dass die Erzieherinnen und Erzieher, die dort arbeiten, bis auf zwei Ausnahmen aus Deutschland stammen. Einige Unterschiede werden jedoch auch deutlich. Zum Beispiel gibt es kein eigenes Außengelände für die Kinder, sodass wir mit den Kindern zum Spielen im Freien in öffentliche Parks gegangen sind.
Kluge Köpfchen im Vorschulunterricht
Des Weiteren findet der Vorschulunterricht auf einem deutlich höheren Niveau statt. Dies liegt daran, dass alle anderen Vorschulkinder, die nicht zur AJEFA gehen, keinen normalen Kindergarten, sondern eine Schule besuchen. Hier lernen die Kinder bereits Druckschrift, sowie Ansätze der Schreibschrift und die Grundrechenarten. Um mit der „École Maternelle“ (also der französischen Vorschule) mitzuhalten, kommt zweimal in der Woche eine Lehrerin, die die Vorschulkinder in Kleingruppen auf Französisch unterrichtet. Die anderen Vorschulkinder der Gruppe haben währenddessen auf Deutsch zusätzlichen Vorschulunterricht.
Zwischen Eiffelturm und der Seine
An Paris hat mir vor allem die Vielseitigkeit gefallen. Jeder Ort hat seinen eigenen Charme. Egal ob man zu später Stunde an der Seine, in einem kleinen Café am Straßenrand oder abends vor dem Eiffelturm sitzt – jeder Platz hat seine eigene Besonderheit. Auch nach einem Jahr in Paris gibt es immer noch sehr viele Orte, die ich noch nicht besucht habe oder noch einmal sehen möchte.
An Schwierigkeiten wachsen
Das Jahr im Ausland hat mir sehr geholfen, selbstständig zu werden. Da ich alleine gewohnt habe, musste ich mich das erste Mal selbst versorgen und auch Probleme, wie ein verlorenes Metroticket, alleine lösen.
Natürlich habe ich auch mein Französisch um Welten verbessert. Als ich mein Anerkennungsjahr begann, hatte ich zwar noch ein paar Französischgrundlagen aus der Realschule, aber mehr, als in der Bäckerei meine Bestellung aufzugeben, war damals nicht drin. Und obwohl ich in Paris keinen Sprachkurs besucht habe, konnte ich viel von der Sprache einfach durch das Hören erlernen. Denn obwohl es ein deutschsprachiger Kindergarten ist, fällt es den Kindern natürlich leichter, sich auf Französisch zu unterhalten. Indem ich den Kindern zuhörte und manchmal nachfragte, was sie genau gesagt hatten, lernte ich einiges dazu. Wieviel es mir im Alltag helfen würde, wenn ich über Ninjas und Spiderman auf Französisch reden kann, ist da natürlich wieder eine andere Frage. Aber falls ich in Frankreich einem Kind begegne, das mir sagt, was ihm weh tut, dann kann ich das nach diesem Jahr verstehen und ihm somit besser helfen.
Höhen und Tiefen
Die Zeit in Paris brachte für mich einige Hoch- und Tiefpunkte mit sich. Am Schwierigsten war für mich die Zeit vor Weihnachten und kurz vor der Corona-Krise. Da ab dem 4. Dezember die Metro und sämtliche öffentliche Verkehrsmittel streikten, musste ich zu Beginn jeden Tag – meist im Regen – eineinhalb Stunden zur Arbeit laufen. Im Verlauf des Dezembers erhielt ich von den Gasteltern, bei denen ich als Babysitterin arbeitete, einen Cityroller, was den Weg etwas erleichterte. Trotzdem musste ich mich jeden Morgen überwinden, den Weg auf mich zu nehmen.
Des Weiteren war unklar, wie und ob ich über Weihnachten nach Hause kommen würde, da auch die Fernzüge vom Streik betroffen waren. Glücklicherweise kam ich ohne Probleme nach Deutschland. Auch im März fiel mir die Zeit in Paris nicht so leicht. Ich vermisste meine Freunde und Familie in Deutschland und auch im Team gab es immer wieder kleinere Konflikte. So kam die Corona-Krise mir und dem gesamten Team sogar ein Stück weit gelegen.
Nach dem Sturm kommt die Sonne
Die Zeit, in der wir nicht zusammenarbeiteten, tat allen gut und beim Wiedereinstieg im Mai waren alle Streitpunkte vergessen. Als nach der Corona-Schließung wieder die ersten Kinder in Kleingruppen von maximal acht Kindern den Kindergarten besuchten, habe ich die Zeit dort sehr genossen. Da nur wenige Kinder da waren, konnte man sich intensiv mit jedem einzelnen beschäftigen und auch die Kleinen hatten so die Möglichkeit, verschiedenste Materialien zu verwenden.
Ab ins Ausland mit euch
Alles in Allem kann ich ein Jahr im Ausland nur jedem empfehlen. Man lernt so viel über eine fremde Kultur, über sich selbst und für seine Zukunft. Ich habe die Zeit sehr genossen und vermisse Paris jetzt schon. In dem Jahr habe ich sehr viele tolle Menschen kennengelernt, die mich stets begleitet haben.
Alle meine Ängste, die ich vor Beginn des Jahres hatte, haben sich nicht bewahrheitet. Ich konnte mich trotz schlechtem Sprachwortschatz immer verständigen und habe immer Hilfe bekommen, wenn ich welche benötigte. Außerdem habe ich mich dort trotz nicht allzu schöner Gruppenräume sehr wohl gefühlt, war vor allem nie alleine und habe tolle Freunde gefunden.
Autorin: Debora Habiger, Euro Akademie Tauberbischofsheim