Der Satz von Henry Ford bringt es auf den Punkt: „Ganz gleich, ob Sie denken, Sie können etwas oder Sie können es nicht, Sie haben recht.“ Unser Denken bestimmt unser Leben. Es beeinflusst die Menschen um uns herum und kann uns glücklich oder unglücklich machen. Das spannende Phänomen, das sich Selbsterfüllende Prophezeiung (englisch: Self-fulfilling prophecy) nennt, sollten Sie unbedingt kennenlernen.
Nehmen wir mal an, Sie denken, Ihr Nachbar kann Sie nicht leiden. Gehen Sie dann offen auf ihn zu und fangen ein lockeres Gespräch mit ihm an? Sehr wahrscheinlich nicht. Bestimmt werden Sie ihm aus dem Weg gehen und überflüssigen Kontakt vermeiden. Weil Sie sich so verhalten, wird Ihr Nachbar in den meisten Fällen ebenfalls eher reserviert auf Sie reagieren. Und schon erfüllt sich, was Sie erwartet haben.
Wie unser eigenes Denken die anderen beeinflusst
Die Annahme, dass Sie Ihr Nachbar nicht mag, hat also direkten Einfluss auf Ihr Verhalten ihm gegenüber. Auch in Ausbildung und Beruf gibt es immer wieder solche Situationen. Stellen Sie sich vor, Sie sind in Ihrer Ausbildung zum Erzieher für ein Praktikum in einer Kita. Da es ihr erster praktischer Einsatz ist, sind Sie ziemlich aufgeregt und unsicher. Ihre Praktikumsbetreuerin beobachtet Sie genau. Bestimmt wird sie Sie gleich bei einem blöden Fehler ertappen und an Ihren Fähigkeiten zweifeln. Und prompt misslingt Ihnen die Bewegungsstunde, die Sie eigentlich so gut vorbereitet hatten. Warum nur? Die Antwort ist einfach: Sie haben sich selbst boykottiert, weil Sie das Scheitern schon im Kopf hatten und dachten, dass Ihre Kollegin bestimmt schlecht über Sie denkt. Ihre Befürchtungen haben sich erfüllt, die selbsterfüllende Prophezeiung ist eingetreten.
Selbsterfüllende Prophezeiungen können Unglaubliches bewirken
Selbsterfüllende Prophezeiungen funktionieren auch in die positive Richtung. Besonders deutlich wird das an dem bekannten Experiment des amerikanischen Psychologen Robert Rosenthal, das er 1965 durchführte. Er machte mit Schülern einer Grundschule einen Intelligenztest. Dann wählte er 20 der Schüler nach dem Zufallsprinzip aus – unabhängig vom Intelligenzquotienten (IQ) – und erzählte den Lehrern, dass diese Kinder ganz besonders intelligent und talentiert seien. In Wirklichkeit waren sie nicht klüger als die anderen Schüler der Einrichtung. Die Lehrer aber erwarteten aufgrund dieser Aussage herausragende Leistungen von den 20 erwähnten Kindern.
Die Folge: die Lehrkräfte schenkten den angeblich talentierteren mehr Aufmerksamkeit, förderten sie stärker und lobten sie häufiger für ihre Leistungen. Nach einem Jahr wiederholte Rosenthal den Intelligenztest – und erhielt ein verblüffendes Ergebnis: Die zufällig ausgewählten Schüler hatten nun einen deutlich höheren IQ.
Verändern Sie Ihr Denken – es lohnt sich
Die Auswirkungen der Selbsterfüllenden Prophezeiung sind also riesig. Aber jetzt durchschauen Sie ja die Mechanismen und können darauf reagieren. Wenn Sie das nächste Mal darüber nachdenken, was andere über Sie denken könnten, pfeifen Sie sich zurück. Erstens können Sie nicht in den Kopf anderer Menschen schauen und zweitens ist es viel wichtiger, was Sie selbst denken. Denn das Denken der anderen können Sie nicht verändern – ihr eigenes aber schon.
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