Etwa 17 % der Menschen in Deutschland leiden unter chronischen Schmerzen. Bei rund 600.000 bis 800.000 der insgesamt 14 Millionen Betroffenen liegt ein schwer zu therapierendes Schmerzsyndrom vor. Die am häufigsten auftretenden Schmerzen sind Rücken-, Kopf- und Nervenschmerzen. Schmerzpatienten haben einen hohen Leidensdruck und fühlen sich in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt. Wir haben Tipps im Umgang mit Schmerzpatienten für Pflegekräfte und Angehörige gesammelt.
Was sind chronische Schmerzen?
Der Schmerz ist zunächst einmal ein sinnvolles Alarmsignal des Körpers bei Gefahr. Er ist ein Schutzmechanismus, ohne den wir nicht lange leben würden. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine akute Blinddarmentzündung und Ihnen tut nichts weh – wahrscheinlich würden Sie an dieser Erkrankung sterben.
Wenn Mediziner von chronischem Schmerz sprechen, dauert dieser schon länger als sechs Monate an oder geht deutlich über die durchschnittliche Heilungszeit hinaus. Viele Patienten werden über Jahre hinweg von Schmerzen geplagt. Gerade bei pflegebedürftigen Menschen sind Schmerzzustände aufgrund eingeschränkter Beweglichkeit an der Tagesordnung. Wie Sie als Auszubildende zum Altenpfleger oder als ausgebildete Pflegekraft Ihren Schmerzpatienten unterstützen können, erfahren Sie jetzt.
Zunächst einmal brauchen Sie viel Geduld und Verständnis im Umgang mit Schmerzpatienten. Ist der Betroffene noch fit genug, um sich mit Hobbys abzulenken, ist das ein großer Vorteil. Bei Pflegebedürftigen fällt dieses Ventil weg – sie sind häufig sehr auf ihren Schmerz konzentriert.
10 Tipps für Pflegekräfte im Umgang mit Schmerzpatienten
- Führen Sie eine gründliche Schmerzanamnese durch (Erwartungen, bisherige Therapien und deren Wirkung, andere Beschwerden, Qualität des Schmerzes, Lokalisation, Auslöser).
- Legen Sie ein Schmerztagebuch an, um Dauer, mögliche Schmerzverstärker und Schmerzstärke herauszufinden. Es geht allerdings nicht darum, den Schmerz ständig zu beobachten, der Betroffene sollte sich besser Dingen zuwenden, die ihm gut tun. Das Schmerztagebuch sollte der Patient selbstständig führen – Unterstützen Sie ihn am Anfang dabei.
- Beobachten Sie den Patienten genau, vielleicht gibt es Dinge im Tagesablauf, die Sie verbessern können, um die Schmerzen zu lindern.
- Beobachten Sie die Wirkungsweise von Medikamenten.
- Eine umfassende Beratung über die Grundlagen des Schmerzes und Therapiemöglichkeiten durch ausgebildete Schmerztherapeuten kann den Umgang mit dem Schmerz verändern und die Lebensqualität erhöhen.
- Auch wenn es im Pflegealltag nicht immer leicht ist, es hilft den Betroffenen, wenn Sie Ihre pflegerischen Tätigkeiten mit Ruhe ausführen und ihn möglichst wenig Hektik spüren lassen.
- Versuchen Sie für Ablenkung durch Betreuungskräfte und Besuche zu sorgen.
- Fördern Sie Techniken zur Entspannung – Atemtechniken, Bewegung, durchblutungsfördernde Maßnahmen, Entspannungstechniken wie Progressive Muskelrelaxation, Autogenes Training oder Traumreisen – hier kann der Einsatz eines Physiotherapeuten helfen.
- Psychosoziale Unterstützung: Gehen Sie in Gesprächen auf die Ängste der Betroffenen ein.
- Spielen Sie die Schmerzen nicht herunter und machen Sie Betroffenen keine Versprechungen („Das wird schon wieder“, „Unsere Therapeuten werden das schon richten“).
Bewegung lindert Schmerzen
Leichte Bewegungen tun Körper und Seele gut. Verharren Sie einmal für eine Stunde in einer Position, ohne sich zu bewegen – bereits als gesunder Mensch wird Ihnen die eine oder andere Körperregion wehtun. Auch bei pflegebedürftigen Patienten können Sie im Liegen oder Sitzen leichte Bewegungsübungen durchführen – entweder aktiv durch den Patienten selbst oder mit Hilfe von Pflegekräften oder Angehörigen. Wenn sich der Betroffene nicht selbst bewegen kann, ist es sinnvoll, ihm passiv alle Gelenke durchzubewegen. Holen Sie sich in jedem Fall die Unterstützung eines Physiotherapeuten, er zeigt Ihnen, was Sie tun können.
Wie erkenne ich, ob jemand Schmerzen hat?
Achten Sie bei Patienten, die sich nicht oder nur unzureichend mitteilen können, auf die Anzeichen für die Anwesenheit von Schmerz:
- Der Betroffene hält immer wieder den Atem an, atmet stoßweise oder unregelmäßig.•
- Er ballt die Hände zu Fäusten.
- Er nimmt eine Schonhaltung ein, um weitere Schmerzen zu vermeiden.
- Er wirkt teilnahmslos und zeigt kein Interesse an seiner Umwelt.
- Er jammert immer wieder.
- Er kann nicht schlafen.
- Er ist unruhig und führt immer wieder ähnliche Bewegungen durch oder berührt immer wieder bestimmte Körperregionen.
Chronische Schmerzen sind oft vielschichtig, da zum ursprünglichen Krankheitsbild noch andere Beschwerden hinzukommen. Wer beispielsweise schon lange unter Rückenschmerzen leidet, kann durch eine Schonhaltung auch Probleme mit Hüftgelenken bekommen oder zu Kopfschmerzen neigen.
Schmerzpatienten sollten daher immer fachübergreifend und interdisziplinär behandelt werden. Zum Einsatz kommt optimalerweise ein multimodales Konzept, das neben der medizinischen und medikamentösen Behandlung auch psychologisch-verhaltenstherapeutische Verfahren und eine individuelle Bewegungstherapie vorsieht.
kommentieren