Denkt man an Unterricht, hat man meist die Situation vor Augen, dass der Lehrer oder die Lehrerin an der Tafel steht und den Schülern etwas erklärt. Bis auf einzelne Wortmeldungen bleiben die Lernenden dabei passiv. An der Euro Akademie Bitterfeld-Wolfen läuft Unterricht immer mal wieder genau andersrum: Die Schüler werden zu Experten und erklären anderen das Thema. Die „Altenpflege-Klasse 17“ hat nun einen interessanten Film zum Thema Beobachtungsfehler produziert.
Unter Beobachtungsfehlern versteht man das sozialpsychologische Phänomen, dass wahrgenommene Merkmale eines Menschen einen falschen Eindruck erwecken können. Der vielzitierte Slogan „Der erste Eindruck zählt“ wird dabei in der Begegnung mit anderen zum Hindernis oder gar zum Vorurteil. Für Berufstätige, die tagtäglich mit Menschen zusammenzuarbeiten, ist es wichtig zu verstehen, wie unser Gehirn unbewusst die falschen Informationen sendet.
Film ab gegen Vorurteile: Der Halo-Effekt
Das Thema klingt kompliziert. Um es einfacher und verständlicher zu machen, haben die Schüler der Altenpflegeklasse einen Legefilm produziert. Mit Begleitung ihrer Fachlehrerin Karin Theune entstand dabei ein sehr unterhaltsamer Film – in der Art eines Comics – der das komplexe Thema am einfachen Beispiel von Tätowierungen in der Altenpflegearbeit illustriert.
Obwohl der Hautschmuck heute en vogue und gesellschaftlich akzeptiert ist, haben meist ältere Menschen negative Assoziationen mit Tattoos. Schnell beeinflussen bei einem tätowierten Altenpfleger unangenehme Gedankenverknüpfungen die gemeinsame Arbeit, obwohl die Pflegekraft selbst ein sehr angenehmer Mensch ist.
Vom Drehbuch bis zum Film
Der Legefilm ist ein wunderbares Instrument, um die eigenen Prozesse der Vorurteilsbildung bewusst zu machen, und anderen die Gefahren von Beobachtungsfehlern aufzuzeigen. „Die Schülerinnen und Schüler haben selbstständig ein Drehbuch entwickelt, die Figuren gezeichnet, die Geschichte gelegt, den Text eingesprochen und am Computer den Film produziert“, erklärt Karin Theune.
Lehrer lernen von Schülern
„Wir waren als Pädagoginnen am Anfang skeptisch, aber sie haben uns gezeigt, was sie können und wir sind damit in die Rolle der Lernenden gerutscht.“
Am 7. Dezember feierte der Legefilm an der Euro Akademie Bitterfeld-Wolfen seine Premiere – und diesmal standen die Auszubildenden selbst vorn. Als Teil einer Digitalisierungsstrategie der Euro Akademie, welche verstärkt die Selbstständigkeit und Eigenwirksamkeit der Schüler in den Mittelpunkt stellt, wird der Film nun über die Standortgrenzen hinweg zum Einsatz kommen.
Text: Carolin Kiehl